Rum-Etiketten verstehen – was die Angaben wirklich bedeuten

Wer eine Rumflasche in die Hand nimmt, entdeckt auf dem Etikett viele Informationen. Doch nicht alles ist so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint. Hier erfährst du, wie du ein Rum-Etikett richtig lesen kannst und welche Angaben wirklich wichtig sind.
Hersteller und Jahreszahlen
Das auffälligste Element ist fast immer der Markenname oder das Logo der Destillerie. Oft findet sich daneben eine Jahreszahl wie „Matusalem 1872“ oder „Mount Gay 1703“. Diese Zahl bezieht sich in der Regel auf das Gründungsjahr der Marke – nicht auf das Alter des Rums in der Flasche.
Aus der Herstellerangabe lässt sich nur bedingt auf die Qualität schließen. Einige bekannte Marken sind weltweit präsent, weil sie große Marketing-Budgets haben. Andere, weniger bekannte Produzenten bieten dagegen hochwertige Rums, die oft nur Kennern vertraut sind.
Tipp: Gib auch kleineren Marken eine Chance – vielleicht entdeckst du dabei deinen neuen Lieblingsrum.
Mengenangaben auf dem Rum-Etikett
Die Füllmenge ist meist am Rand oder in einer Ecke des Etiketts zu finden. Am gebräuchlichsten ist die 0,7-Liter-Flasche, daneben gibt es aber auch 0,5-Liter-Abfüllungen (gerade bei hochwertigen oder limitierten Rums) sowie 1-Liter-Flaschen.
Alkoholgehalt beim Rum
Eine der wichtigsten Angaben auf der Rumflasche ist der Alkoholgehalt. Laut EU-Spirituosenverordnung muss Rum einen Mindestalkoholgehalt von 37,5 % vol. haben. Produkte die einen Alkoholgehalt unter diesem Wert haben, dürfen nicht als Rum, sondern müssen zum Beispiel als "Spirituose auf Rumbasis" oder "Rum-Likör" bezeichnet werden.
Der am häufigsten anzutreffende Alkoholgehalt bei Rum, der für den direkten Konsum oder als Cocktail-Zutat gedacht ist, liegt zwischen 40 % und 46 % vol. Diese Trinkstärke wird als Standard angesehen, da sie die Aromen gut zur Geltung bringt, ohne dass der Alkoholgeschmack zu dominant wird.
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Klassische Rums: 40–46 % vol.
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Rum-Liköre: muss laut EU-Verordnung einen Mindestalkoholgehalt von 15 % vol. haben. In der Regel bewegen sich Rum-Liköre im Bereich von 20 % bis 35 % vol.
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Overproof-Rums: ab 57,15 % vol., teilweise über 70 % vol. (z. B. Pusser´s British Navy Rum Overproof 151 Select 75,5% vol.)
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Navy Strength: Traditionell hat dieser Rum eine Stärke von 57 % vol. oder mehr
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Cask Strength (Fassstärke): Hier wird der Rum unverdünnt oder nur leicht verdünnt abgefüllt, direkt aus dem Fass. Der Alkoholgehalt kann hier je nach Reifung und Verdunstung stark variieren.
Die Abkürzung „% vol.“ beschreibt den Alkoholanteil im Verhältnis zum Gesamtvolumen. Nach der Destillation bei weißem Rum oder der Reifung bei fassgelagertem Rum, wird der Rum durch die Zugabe von Wasser auf Trinkstärke gebracht.
Wichtig zu wissen: Der Alkoholgehalt allein sagt nichts über den Geschmack des Rums aus. Manche starke Abfüllungen wirken mild, während leichtere Rums überraschend intensiv alkoholisch sein können.
Internationale Unterschiede bei den Angaben
Auf französischsprachigen Inseln wird statt „% vol.“ oft ein Gradzeichen „°“ verwendet.
In den USA ist die Bezeichnung Proof gebräuchlich. Dabei gilt: 2 Proof = 1 % vol. Ein Rum mit 40 % vol. entspricht also „80 Proof“. Viele Hersteller drucken heute beide Angaben auf das Etikett, wie beispielsweise Kōloa Rum.
Fazit: Wer ein Rum-Etikett verstehen möchte, sollte auf Hersteller, Jahreszahl, Füllmenge und Alkoholgehalt achten. Diese Angaben helfen, die Qualität und den Charakter eines Rums besser einzuschätzen – und erleichtern die Wahl, wenn du Rum kaufen oder eine neue Abfüllung probieren möchtest.
Qualitätsmerkmale auf Rum-Etiketten
Viele Rum-Hersteller geben auf ihren Etiketten Altersangaben an. Dabei gilt: Da die meisten Rums eine Mischungen (Blend) unterschiedlich alten Rums sind und oft auch aus verschiedenen Brennereien kommen, bezieht sich die Altersangabe immer auf den jüngsten enthaltenen Rum. So bedeutet dies, dass bei einem Appleton Estate Reserve Rum 8 Jahre, der jüngste Anteil mindstens 8 Jahre alt ist. Und bei einem Appleton Estate Rum Rare Casks 12 Jahre, reifte der Rum mindestens 12 Jahre.
Altersbezeichnungen nach Regionen
Spanischsprachige Länder verwenden häufig folgende Begriffe:
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Añejo = alt. Ohne eine Altersangabe signalisiert dieser Begriff signalisiert lediglich eine gewisse Reifung
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Gran Añejo = sehr alt. Ohne eine Altersangabe wird zwar eine höhere Reife oder Qualität vermittelt, aber ohne verbindlich „sehr alt“ zu bedeuten
Diese Bezeichnungen sind prestigeträchtig, ziehen aber nicht zwingend eine Altersangabe nach sich. Daher sollte man diese Begriffe eher als Marketing- oder Stilbezeichnungen ansehen und nicht als sichere Altersangabe
Französische Karibik-Inseln & Rhum Agricole (AOC-Regelungen)
Hier sind die Bezeichnungen klar geregelt – insbesondere auf Martinique (AOC-Rhum Agricole):
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VO / Vieux – mindestens 3 Jahre im Eichenfass gereift.
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VSOP / Très Vieux / Réserve Spéciale – mindestens 4 Jahre gereift.
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XO / Extra Vieux / Hors d’âge / Grand Réserve – mindestens 6 Jahre gereift.
Wichtig: Rum reift in der Flasche nicht nach. Jahreszahlen beziehen sich immer auf die Fassreifung vor der Abfüllung.
Rhum Traditionnel
Die Bezeichnung Rhum Traditionnel ist EU-rechtlich geschützt. Sie garantiert, dass:
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aus lokal fermentierten Rohstoffen produziert wird
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die Destillation unter 90 % Vol. erfolgt
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ein Mindestgehalt an Aromen (flüchtige Substanzen) vorhanden (Natürliche, geschmacks- und aromarelevanten Stoffe, die bei der Gärung und Destillation von Spirituosen entstehen. z.B Ester, Aldehyde, Furfuralem, Fettsäuren)
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kein oder nur minimaler Zuckerzusatz erfolgt
Damit signalisiert Rhum Traditionnel echte Handwerkskunst und unterscheidet sich klar von rein industriell hergestellten Standard-Rums.
Internationale Bezeichnung „XO“
Auch außerhalb der französischen Karibik wird XO verwendet, z. B. bei A.H. Riise XO Reserve Superior Cask oder Pyrat XO Reserve. Hier steht es jedoch nicht zwingend für ein bestimmtes Alter, sondern dient eher als Qualitätsmerkmal.
Weitere Angaben auf dem Etikett:
Solera-Verfahren: Mehrstufiges ein Reifeverfahren, bei dem verschiedene Jahrgänge in einem System gemischt werden. Hier steht die Zahl meist für das Höchstalter der enthaltenen Rums, nicht für den jüngsten. Das bedeutet: Ein „23 Solera“ enthält zwar auch Anteile, die bis zu 23 Jahre alt sind, der Großteil kann aber deutlich jünger sein. Man kennt dies von der Sherry Reifung in Spanien.
Single Barrel: Einzelfassabfüllung, jede Flasche stammt aus genau einem Fass. Dies sind limitierte und zum Teil sehr begehrte Abfüllungen.
Limitierungen & Nummerierungen: Angaben zu Fass, Auflage oder Flaschennummer (z. B. bei St. Lucia Distillers Rum 1931).
Auszeichnungen: Medaillen von Rum-Festivals oder Wettbewerben können ein Hinweis auf besondere Qualität sein.
Auch interessant: Hinweise wie distilled and bottled by oder abgefüllt durch deuten auf eine klare Herkunft hin. Fehlt die Angabe des Destillers oder wird nur abgefüllt für genannt, kann dies ein Hinweis auf Massenproduktion sein.
Rückseiten-Etiketten – mehr als nur Kleingedrucktes

Die Rückseite eines Rum-Etiketts enthält oft spannende Details. Hier findet man:
- Geschichten zum Ursprung (z. B. bei Pusser’s Rum, der auf das traditionelle Rezept der britischen Marine zurückgeht).
- Angaben zur Herkunft, die manchmal widersprüchlich sein können – ein Hinweis darauf, dass Destillation, Lagerung und Abfüllung an verschiedenen Orten stattfinden.
- Informationen zu Zusätzen wie Zuckerkulör (zur Färbung) oder Aromastoffen.
- Nennung von Importeuren, die häufig eine Spezialisierung haben, etwa auf Premium-Rums oder Massenware.
Marketing-Floskeln auf Rum-Etiketten
Nicht alle Begriffe sind verlässlich. Marketing-Ausdrücke wie Reserva, Formula Originale de Cuba oder eigene Plantage klingen hochwertig, haben aber keine verbindliche Aussagekraft über die Qualität des Rums.
Fazit
Wer Rum-Etiketten richtig liest, kann viel über Qualität, Herkunft und Stil einer Abfüllung erfahren. Von Altersangaben über Fassinformationen bis hin zu internationalen Bezeichnungen, jedes Detail liefert Hinweise für Kenner und Neugierige. Mit diesem Wissen ist man bestens gerüstet, beim Rum kaufen bewusste Entscheidungen zu treffen und die faszinierende Vielfalt der Rum-Welt zu entdecken.