Destillen-Tour: Travellers Liquors LTD

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Es gibt sie noch. Die Schätze der Karibik. Ich spreche nicht von unentdeckten Piratenschätzen, sondern von den kleinen, in Europa meist unbekannten Rum-Destillen. Für Rum-Liebhaber ist der Besuch eines solchen Kleinods durchaus vergleichbar mit einer bisher unentdeckten, auf Grund gelaufenen spanischen Galleone. Auf dieser Destillen-Tour wollen wir Euch die Travellers Liquors LTD in Belize-City, Belize vorstellen.

 

Für all diejenigen, denen Belize auf Anhieb nichts sagt: Belize ist eine ehemalige Britische Kolonie und liegt an der mittelamerikanischen Karibikküste – umgeben von Guatemala im Westen und Süden sowie von Mexiko im Norden.

 

Goldmedaillen für die „Aged Dark Rums“ von Travellers

 

Während Belize in Europa bisher kaum als Ursprungsland guten Rums bekannt ist, hat das kleine Land mit den Aged Dark Rums von „Travellers“ in den letzten Jahren konstant Goldmedaillen auf den US-amerikanischen Rum-Festivals wie

  • der Rum Renaissance Fair in Miami
  • dem International Rum Fest in Florida oder den
  • San Franciso World Spirits

abgeräumt. Grund genug sich die Travellers Liquors LTD und natürlich die Rums etwas näher anzuschauen.

 

Travellers-Destillery: Tour und Tasting

 

 

 

Von außen sind die Gebäude der Destille eher unscheinbar. Man erkennt das Gelände jedoch an einem überdimensionierten 5 Barrel-Rum-Fass, das von der Straße aus gut sichtbar ist und auf einem Masten über dem Gelände trohnt. Die Travellers Liquors LTD liegt direkt am Philip Goldson Highway, 2,5 Meilen nördlich von Belize. Ein Wachmann empfängt mich am Taxi, und führt mich zu Jordan, meinem Guide für die Tour und das Tasting.

 

In Belize ist Regenzeit und innerhalb von Sekunden beginnt es draußen wie aus Kübeln zu regnen. Deshalb beginnen wir die Tour nicht draußen, sondern im Lager-Gebäude. Während Jordan mich durch das Lager führt, plaudert er aus dem Nähkästchen: Er berichtet über die Arbeit in der Destille, welche Rums er am liebsten trinkt und über das Export-Geschäft. Jeden Tag versendet Traveller 600 Kisten Rum, die meisten innerhalb von Belize und Mittelamerika, wobei hauptsächlich Bars und Supermärkte beliefert werden. Ein Teil der Ware geht nach Nordamerika.

 

Im „Aging Room“ lagern auf 6 Etagen 7.000 Fässer

Der „Aging Room“, sozusagen die heiligen Hallen, in denen der Rum zur Reifung lagert, ist ein beeindruckendes Gebäude: Auf 6 Etagen reihen sich über 7.000 Fässer mit einem Fassungvermögen von je 200 Litern, sortiert nach einzelnen Sorten. Auch wenn dies im Vergleich zu den großen Destillen beinahe wie ein Tropfen auf den heißen Stein wirkt, so lagert hier jedoch bei weitem mehr Rum, als man benötigen würde, um ein komplettes Hallenbad zu befüllen. Es riecht nach altem Holz und man kommt sich zwischen den vielen Fässern beinahe etwas verloren vor. Das Lager versprüht einen besonderen, altehrwürdigen Charme und  ich ertappe mich dabei, wie ich etwas leiser spreche – als wollte ich den wertvollen Reifungsprozess des Rums nicht stören.

 

 

Travellers nutzt gebrauchte American Standard Barrels der „Buffalo Trace Destillery“ aus Kentucky für die Rum-Produktion. Nach zwei Reifungen werden die Fässer ausgemustert, da sie nicht mehr genug Geschmacks- und Farbstoffe in den Rum abgeben, und an Möbelhersteller verkauft. Vor jedem Regal steht ein Fass im Gang, und erst als Jordan die erste Flasche Rum öffnet wird mir klar, dass ich vor einem Tasting-Tisch stehe und die Verkostung beginnt.

 

Die Produktpalette der Travellers Rums:

 

Travellers hat unterschiedliche Rums im Angebot.

  • Vintage-Rum
  • Aged Dark Rum
  • Gold Rum
  • Weißen Rum
  • Aromatisierten Rum

 

Jedes Jahr der Reifung zählt bei Travellers dreifach

 

Wir beginnen mit den Aged Dark Rums und verkosten als erstes den 1 Barrel Rum. Er ist der beliebteste Rum in Belize und mehrfacher Goldmedaillen-Gewinner. Die Bezeichnung „1 Barrel“ steht in diesem Fall für 1 Jahr Reifung. Das hört sich im ersten Moment sehr wenig an. Stolz verkündet Jordan jedoch, dass das Unternehmen unter dem Meeresspiegel liege und somit ganz anderen Druckverhältnissen bei der Reifung ausgesetzt sei als die Lagerstätten anderer Destillen. Deshalb müsse man bei Travellers pro Jahr der Reifung mindestens drei weitere hinzu addieren.

 

Leicht-karamellige Note mit Anflügen von Tabak

Auch wenn die Lichtverhältnisse für ein professionelles Tasting beinahe etwas schlecht sind und der Rum in kleinen Plastik-Bechern serviert wird, macht die Atmosphäre dieses kleine Manko schnell wieder wett. Wir fachsimpeln etwas über den Rum und Jordan bestätigt meine Einschätzung einer leicht-karamelligen Note mit Anflügen von Tabak. Am Gaumen fühlt sich der 1-Barrel zuerst leicht rauh und scharf an, ehe der Karamell-Geschmack schnell wieder aufblitzt, der von etwas Orange und Nuss begleitet wird. Alles in allem ein sehr angenehmer Rum, dessen viele US-Goldmedaillen meiner Ansicht nach absolut verdient sind. Während ich mir vorstellen kann, diesen Rum auch gut pur, vielleicht mit einem Eiswürfel zu genießen, schwört Jordan auf einen richtig starken Barrel-Coke.

 

Vom 1 Barrel- zum 3 Barrel Rum

Als nächstes ist der 3 Barrel Rum an der Reihe. Er reift 3 Jahre bevor er in den Handel kommt. Seine Farbe ist minimal dunkler, als die des 1 Barrel. In der Nase kommt der 3 Barrel etwas voller rüber. Man hat zwar immer noch die Karamell-Note präsent, sie wird nun aber von etwas Vanille und Eichenfass begleitet.

 

Der 3 Barrel schmeckt wie der große Bruder des 1 Barrel. Man erkennt die Verwandschaft, die einzelnen Charaktereigenschaften sind jedoch ausgeprägter. Er schmeckt latent süßer und das Eichholz schlägt sich auch im Geschmack nieder, was ihn um einiges runder wirken lässt als den 1 Barrel.

 

Den Abschluss der Verkostung der Aged-Dark Reihe macht der 5 Barrel. Der aufmerksame Leser hat die Bezeichnung mittlerweile verstanden: Er reift 5 Jahre. Laut Jordans Ausführungen („1 Belize Jahr mal 3“) kommen wir nun schon in den Bereich runder und alter Rums, was hoffnungsvolles vermuten lässt.

 

5 Barrel Rum: Eichenfass, Tabak und süße Gewürze

Der 5 Barrel ist noch eine ganze Spur reifer als die beiden ersten Rums. Beim 5 Barrel kann ich keine Karamel-Noten mehr erkennen, in meiner Nase dominieren Eichenfass und Tabak, die von süßen Gewürzen begleitet werden. Jordan empfiehlt, den Rum etwas atmen zu lassen, da er erst dann seine volle Kraft entfaltet. Im Mund bekommt der Karamel-Geschmack sein Revival und harmoniert sehr schön mit etwas Orange und Tabak, sodass sich der Rum wirklich außergewöhnlich rund präsentiert. Mit dem 5 Barrel ist dem Blender ein wahres Meisterwerk gelungen, das es meiner Meinung nach mit vielen Spitzenrums aufnehmen kann.

 

Vintage Rum und Maya-Kräuter-Mix

Dankend lasse ich die Gold-Rums und die weißen Rums aus. Mich interessiert vor allem noch der Vintage Rum und die Kräuterzusammensetzung der Liköre, da ich ungewöhnliche Geschmackserlebnisse liebe.

 

Der Don Omario 12-year Vintage Rum ist ein außergewöhnlicher Blend die noch von Master Blender Don Omario zusammengestellt wurden und nun sein Erbe ehren sollen. In der Nase erinnert mich dieser Vintage Rum ganz leicht an Noten von Schokolade, Kaffee sowie etwas Frucht, die nach einiger Zeit  – und einer sehr tabak-dominierten Phase – im Mund wieder auftauchen. Allerdings sollte man dem Don Omario Vintage Rum Zeit zum atmen geben, da er sonst sehr scharf wirkt. Die feineren Noten kristallisieren sich erst nach einiger Zeit heraus.

 

Danach probiere ich noch einen Likör mit Craboo-Geschmack, einer seltenen indigenen Traubenart, die nur in Zentralamerika vorkommt, sowie einen „Rain Forrest Rum Bitter“, einen Magenbitter der mit alten Maya-Kräutern versetzt ist, denen eine medizinische und aphrodisierende Wirkung nachgesagt wird.
Letzteres konnte ich vermutlich aufgrund der Hitze, der Uhrzeit – es war 10 Uhr morgens – und der voran gegangen Tastings nicht bestätigen. Eisgekühlt würde der Magenbitter jedoch sicherlich gut auf europäischen Tafeln passen. Craboo hingegen ist nicht mein Geschmack, doch das (mir viel zu) süße Aroma gefällt sicherlich einigen weiblichen Rum-Liebhabern und macht sich mitunter gut im einen oder anderen Cocktail.

 

Heritage Center: Rum-Geschichte in Belize

Nach dem Abschluss des Tastings begleitet mich Jordan in das „Heritage Center“, das Museum der Destille, und erzählt mir etwas zu den Hintergründen der Rum-Geschichte in Belize.

 

 

Den Namen hat Travellers vom ursprünglichen Unternehmen des Firmengründers Jamie Omario Perdomo: Er betrieb eine Bar in Belize City, und nachdem vorwiegend Reisende zu seinem Klientel gehörten, war der Name schnell gefunden: „Travellers“. In den 1950er Jahren war es in Belize Usus, dass Bars ihre eigenen Blends herstellten und diese flaschenweise verkauften. Der junge Jamie hatte ein besonders gutes Händchen für feine Blends, weshalb seine Bar sich zunehmender Beliebtheit erfreute. Da die Qualität der Rums zur damaligen Zeit für seine hohen Ansprüche nicht konstant genug war, ging er eine Partnerschaft ein und ließ eine Destille in der 80 km entfernten Hauptstadt Belmopan errichten. Seit dieser Zeit werden zwei Mal pro Woche Fässer von der Destille in die Zentrale nach Belize City geliefert, wo Reifung, Lagerung, Blending, Abfüllung und Verkauf abgewickelt werden. Nicht zu vergessen natürlich die Rum-Tastings – einer der Hauptgründe meines Besuchs. Noch heute ist das Unternehmen in Familienbesitz und wird von der 85-jährigen Witwe des Firmengründers sowie seinen beiden Söhnen geleitet.

Aus den 50er Jahren stammt auch der für die Region nicht gerade typische Recycling-Gedanke: Da zur Pionierzeit des Unternehmens entsprechende Glasflaschen Mangelware waren, konnten die Kunden ihre leeren Flaschen zurückbringen und gegen volle Flaschen tauschen. Sie bezahlten dann nur die Füllung. Auch heute noch werden so viele Flaschen wie möglich wieder zurück genommen, auf Schäden überprüft und wieder befüllt. Da der Absatz jedoch konstant steigt, muss die Destille mittlerweile ständig neue Flaschen dazu kaufen – meist aus China.

 

 

Die Rums der Travellers Liquors LTD werden bislang nicht nach Europa exportiert. Wer jetzt dennoch Lust auf die ausgezeichneten Rum-Sorten aus Belize bekommen hat, könnte seine Leidenschaft für guten Rum aber, wie ich, mit einer traumhaften Reise in die Karibik verbinden.